Sonder- und Wegerecht im Feuerwehreinsatz:   

"Ein Blick hinter die Kulissen der §§ 35 und 38 der Straßenverkehrsordnung"
Immer wieder werden bei unseren freiwilligen Feuerwehren Gespräche und Diskussionen geführt, welche Rechte und Pflichten hinter den §§35 und 38 Straßenverkehrsordnung (StVO) stehen. Was verbirgt sich hinter den "Sonder- und Wegerechten" ?
 

Auszüge aus der Straßenverkehrsordnung:
§1 - Grundregeln

(1) Die Teilnahme am Straßenverkehr erfordert ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht.
(2) Jeder Verkehrsteilnehmer hat sich so zu verhalten, dass kein Anderer geschädigt, gefährdet oder belästigt wird.
 

§ 35 - Sonderrechte

(1) Von den Vorschriften dieser Verordnung sind die Bundeswehr, die Bundespolizei, die Feuerwehr, der Katastrophenschutz, die Polizei und der Zolldienst befreit, soweit das zur Erfüllung hoheitlicher Aufgaben dringend geboten ist.
(8) Die Sonderrechte dürfen nur unter gebührender Berücksichtigung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgeübt werden.
 

§ 38 - Blaues Blinklicht und Einsatzhorn

(1) Blaues Blinklicht zusammen mit dem Einsatzhorn darf nur verwendet werden, wenn höchste Eile geboten ist, um Menschenleben zu retten, eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung abzuwenden oder bedeutende Sachwerte zu erhalten sind.
Es ordnet an:
   "Alle übrigen Verkehrsteilnehmer haben sofort freie Bahn zu schaffen."
(2) Blaues Blinklicht allein darf nur zur Warnung an Unfall- oder Einsatzstellen verwendet werden.
 

Die Fahrt zurEinsatzstelle:
Die StVO befreit die Feuerwehr bei Einsatzfahrten unter bestimmten Voraussetzungen von der Einhaltung der Vorschrift. Diese Sonderrechte für die Fahrt zur Einsatzstelle sind ausschließlich im § 35 StVO geregelt (siehe oben). § 38 hingegen gewährt keine Sonderrechte, sondern regelt die Benutzung von Blaulicht und Einsatzhorn. Darüber hinaus richtet sich dieser Paragraph nicht nur an die Einsatzkräfte, sondern an die anderen Verkehrsteilnehmer mit dem Gebot, freie Bahn zu schaffen. § 38 StVO regelt also eine Pflicht der übrigen Verkehrsteilnehmer und kein recht der Einsatzkräfte. Bei Fahrten zur Einsatzstelle sollte zur Warnung mindestens das Blaulicht eingeschaltet werden. Sind die Anfahrtswege unübersichtlich oder stark frequentiert, so sind bei der Inanspruchnahme von Sonderrechte, insbesondere beim Überholen, Überfahrne einer roten Ampel oder einer Rechts-vor-Links Situation etc., Blaulicht und Einsatzhorn zu verwenden. Grundsätzlich hat die Verkehrssicherheit Vorrang gegenüber dem Interesse am schnellen Vorankommen, d.h.: Sicherheit geht vor Schnelligkeit!

Andere Verkehrsteilnehmer dürfen nicht gefährdet werden, weil anderen Menschen geholfen werden soll. Vor allem die Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit birgt hohe Risiken, bei häufig vergleichsweise niedrigem Zeitgewinn.

Der Weg zum Feuerwehrgerätehaus:
Ähnliches wie bei der Fahrt zur Einsatzstelle, gilt auch bereits für die Fahrt mit dem Privatfahrzeug nach der Alarmierung zum Feuerwehrgerätehaus, denn bereits zu diesem Zeitpunkt stehen den Feuerwehrdienstleistenden die Sonderrechte nach § 35 StVO zu. Der Einsatz einer Feuerwehr beginnt mit der Alarmierung. Allerdings ist dabei zu beachten, dass Privatfahrzeuge für die übrigen Verkehrsteilnehmen nicht als Fahrzeuge mit Sonderrecht zu erkenn sind. Aufgrund des somit beträchtlichen Risikos für den Fahre kann nur geraten werden, auch den Weg zum Gerätehaus mit der nötigen Weit- und Rücksicht zurückzulegen. Denn ein verunfallter Helfer kann schließlich nicht mehr helfen.

Wichtig:
Sollte ein Feuerwehrangehöriger trotz berechtigter Wahrnehmung von Sonderrechten einen Bußgeldbescheid erhalten, so sollte dieser keinesfalls ignoriert oder gar weggeworfen werden. Es sollte fristgerecht Einspruch eingelegt werden und dabei der Sachverhalt geklärt werden.